Die multiple Krise spitzt sich zu: Die Lebenshaltungskosten sind für einkommensschwache Haushalte zum Teil unerschwinglich, die Mieten steigen, die Lebensmittel werden immer teurer, die Gesundheit bleibt auf der Strecke. Und damit die menschliche Würde. Die Beschäftigten in Bildungs- und Pflegeeinrichtungen stoßen an ihre Belastungsgrenzen, soziale Ausgaben werden seit Jahren – erst von der Großen Koalition, dann von der „Ampel“ – gekürzt, obwohl der Bedarf für die gesellschaftliche Daseinsvorsorge steigt. Der ökologische Umbau der Industrie, wenn er überhaupt angegangen wird, ist kapitalgetrieben und wird häufig auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Gleichzeitig beeinträchtigen Überflutungen, Hitzewellen und andere Folgen der Klimakrise zunehmend den Alltag der Menschen. Besonders betroffen sind Ältere, Kinder, Wohnungs- und Obdachlose, chronisch Kranke, Migrant*innen und Menschen mit geringem Einkommen – also all diejenigen, die die Krise am wenigsten verursacht haben. In reaktionären Diskursen werden traditionelle Geschlechterrollen propagiert und die Rechte von Transgender-Personen in Frage gestellt. Anti-migrantische und rassistische Positionen verbreiten sich rasant, die diskursive Instrumentalisierung von Migration als Bedrohung ist überall in der Politik und den Medien präsent.
Was nun folgt: Weitere Kürzungen im Haushalt, die von der FDP verstärkte Schuldenbremse, eine von der CDU angedrohte Agenda 2030, unzureichende Maßnahmen zur Anpassung an die Klimakatastrophe, die im Globalen Süden längst bittere Realität ist. Hinzukommen menschenrechtsfeindliche Grenzpolitiken und sicherheitspolitische Verschärfungen der Innenpolitik seitens CSU, CDU und FDP, Hass sowie rassistische und antifeministische Hetze von demokratiefeindlichen Parteien wie der AfD. Deren Programmatik trägt bei zur Kriminalisierung von Migrant*innen und Geflüchteten sowie von Protestbewegungen, die sich für gerechten Frieden und Menschenrechte, u.a. in Israel/Palästina einsetzen. Demokratie ist so gefährdet wie lange nicht mehr. Autoritäre Denkformen greifen immer weiter aus in die Gesellschaft, in politische und auch in wissenschaftliche Debatten. Die bürgerliche „Brandmauer“ gegen rechts ist spätestens seit dem von der Union initiierten und von der AfD unterstützten Antrag und Gesetzentwurf zur Begrenzung von Migration Geschichte.
Um der Rechtsverschiebung und den vielfältigen Bedrohungen der Demokratie zu begegnen, brauchen wir eine offene und kritische Auseinandersetzung um zentrale gesellschaftliche Fragen: um die politische Macht der Vermögenden, um LGBTIQIA+- und Geschlechtergerechtigkeit, um sozial und ökologisch lebenswerte Zukünfte, um Demokratie und eine Gesellschaft der Vielen. Zudem gilt es, gegen jegliche Form von Rassismus und Antisemitismus sowie andere Formen der Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Sexualität, Religion, Ethnie, Behinderung und Klasse vorzugehen. Das ist unser aller Aufgabe.
Dafür braucht es jedoch auch die Partei Die Linke, die im Parlament und medial gegen die Rechtsverschiebung kämpft, die Diskursräume und Alternativen verteidigt und damit offenhält. Mit dem parlamentarischen Mandat ist zudem das Fortbestehen der Rosa-Luxemburg-Stiftung und damit die Möglichkeit einer kritisch-linken politischen Bildung verbunden. Es braucht eine linke oppositionelle Kraft im Bundestag, eine fürsorgende, sozial-ökologische, öko-sozialistische Partei, die Druck auf andere Parteien macht, Missstände anprangert und versucht, ihnen vereint zu begegnen, um gemeinsam dem Ziel eines guten Lebens für Alle näher zu kommen.
Das ist unserer Meinung nach die Partei Die Linke. Sie tritt für den dreifachen kategorischen Imperativ ein: alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist; dass Auschwitz, Verfolgungen, Folter und Völkermorde sich nicht wiederholen; dass die Natur und Umwelt zu schützen sind, die unsere aller Lebensgrundlagen bilden.
Die Linke kann diese Aufgaben nicht allein erfüllen. Die Krise betrifft viele, sie kann nur gemeinsam überwunden werden. Aber ohne Die Linke geht es nicht. Wir brauchen sie und sie braucht uns, unsere und Eure Stimmen – aus den Betrieben und Gewerkschaften, aus den Sorgeeinrichtungen und Verbänden, den NGOs und Kirchen, der Wissenschaft und den sozialen Bewegungen sowie von politisch interessierten und engagierten Privatpersonen.
Wir wählen Die Linke und fordern damit Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Demokratie, Frieden und die Zukunft unseres Miteinanders auf der Erde.
Die Erstunterzeichner*innen dieses Aufrufs kommen überwiegend aus dem akademischen Spektrum. Doch es haben auch Menschen aus Organisationen unterzeichnet, die eng mit der Wissenschaft kooperieren. Sie alle sprechen hier als Privatpersonen. Wir bitten Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen, mit und ohne Wahlrecht in Deutschland, diesen Aufruf zu unterstützen.